Showbiz in russischen Gefängnissen – über den Songcontest in den Strafkolonien. Artdokfest Meduza 10.03, 27. November 2016 In Moskau, St. Petersburg und Jekaterinburg findet vom 01. bis 09. Dezember 2016 das Dokumentarfilmfestival "Artdokfest" statt . Der Präsident des Festivals, Vitaly Mansky, hat in den letzten zwei Monaten verschiedene Filme aus dem Wettbewerb vorgestellt. Heute spricht er über den Film "Von Sängern und Mördern“ von Stefan Eberlein (Deutschland, 2016). Der Film wird ein ganz besonderes Ereignis auf dem Artdokfest werden.

Ich habe mit einem Ohr gehört, dass es in bestimmten, ziemlich nahen Orten in Russland einen Gesangswettbewerb gibt. Wir alle wissen, was das für Gebiete sind und dass sich in ihnen ein nicht geringer Prozentsatz der Bevölkerung der russischen Föderation befindet. Tatsächlich ist die Welt der russischen Gefängnisse riesig. So groß, dass es in ihr ein geschlossenes, großes, eigenes Showbusiness gibt. Es hat seine Stars, Produzenten, Agenten – all das ist, ehrlich gesagt, ziemlich krass.

„Von Sängern und Mördern“ ist eine deutsch-pedantisch erzählte Geschichte – es scheint, als ob der Filmemacher lediglich von der Organisation und der Durchführung des Gesangswettbewerbs erzählt, doch der Film zeigt der Welt ein viel breiteres Gemälde der russischen Gefängnisse. Er erzählt von Alltäglichkeiten und dem Komfort an diesem Ort. Das bedeutet, dass für die Helden des Films, die sich auf beiden Seiten der Gitterstäbe befinden, der Zustand der Nichtfreiheit kein Problem oder eine Tragödie darstellt, oder Anlass für eine Depression ist. Die Menschen, die wir auf der Leinwand sehen, sind bereit, in diesem Koordinatensystem zu leben.

Selbst wenn sich das ganze Land in dieser Zone befindet, wird es dort immer Wettbewerbe geben. Gesangs- oder Sportwettbewerbe. Und wir werden auch immer Flugzeuge und Atombomben herstellen. Manche wird man rauslassen, um an olympischen Spielen teilzunehmen, dann kehren sie wieder zurück ins Gefängnis. Was daran interessant ist: Das hatten wir schon mal. Und in Nordkorea ist es immer noch so.
Und es stellt sich heraus, dass für niemanden in dieser Umgebung die Welt zusammenbricht. Die Menschen leben normal. Dieser Film erzählt davon, dass es keine Tragödie ist, unfrei zu sein.
Man kann glücklich, ehrgeizig, beliebt, reich, erfolgreich sein und dabei nicht frei.

Ich bin mir nicht sicher, ob der Regisseur all dies in seinem Film erzählen wollte, aber das ist nun mal ein Merkmal des Dokumentarfilms - du siehst den Film und siehst darin mehr als der Autor selbst. „Von Sängern und Mördern“ erzählt uns mehr als der Autor beabsichtigt hat.